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Genossenschaftliche Strukturen in der Türkei stärken

veröffentlicht im Genossenschafts-Magazin Weser-Ems, Ausgabe 11/2023

Ein Projekt unter der Leitung des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV) soll genossenschaftliches Arbeiten in der Türkei voranbringen. Die diesjährige Studienreise führte eine Delegation auch in unsere Genossenschaftsakademie Weser-Ems (GAW) nach Rastede .

Im September begrüßte Dr. Gerhard Kroon eine türkische Delegation in der GAW. Unser Bereichsleiter informierte die Führungskräfte von genossenschaftlichen Unternehmen und Verbänden sowie Vertreter vom türkischen Landwirtschaftsministerium über die genossenschaftliche Aus- und Weiterbildung in Deutschland und erläuterte die Arbeit der GAW. Der Besuch erfolgte im Rahmen des Projekts „Deutsch-Türkische Verbandskooperation zur Stärkung ausgewählter Spartenverbände landwirtschaftlicher Genossenschaften in der Türkei“ des Bundeslandwirtschaftsministerium und das vom DGRV durchgeführt wird. „Einmal im Jahr erfolgt eine entsprechende Studienreise, die im diesem Jahr den Fokus auf die Verbandsstrukturen sowie auf die Aus- und Weiterbildung im ,Grünen Bereich‘ gelegt hat“, sagte DGRV-Projektleiter Peter Asmussen im Gespräch. Interessierte Nachfragen gab es vor allem zu den Themen duale Ausbildung und ergänzende theoretischen Schulungen sowie den Fach- und Führungskräfte- sowie den Managementqualifzierungen an der GAW.  

Familienbetriebe prägen türkischen Landwirtschaft

Neben Besuchen in Berlin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie beim DGRV, bei einem landwirtschaftlichen Bildungszentrum in Echem nahe Lüneburg und dem Bundesverband Deula in Westerstede standen unter anderem auch Besichtigungen der Raiffeisen Warengenossenschaft Ammerland-OstFriesland in Wiefelstede sowie der Energiegenossenschaft in Bakum auf dem mehrtägigen Programm.  Der Aufbau und die Stärkung von genossenschaftlichen Strukturen in der Türkei soll durch das Projekt gestärkt werden, erläuterte Projektleiter Peter Asmussen. Grundsätzlich sind landwirtschaftliche Struktur in der Türkei von Familienbetrieben dominiert, deren Wettbewerbsfähigkeit nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministerium im europäischen Vergleich gering ist. Zur Stärkung dieser Kleinbetriebe, zur Förderung der notwendigen Modernisierung und Marktanpassung und zur Entwicklung des ländlichen Raums werden Genossenschaften als ein wesentliches und erfolgversprechendes Organisationsmodell angesehen. Auch um die Transformation zu einer nachhaltigen Agrarproduktion zu gewährleisten, können Genossenschaften nach der Zielvorstellung des Projekts eine wichtige Vermittlerrolle spielen.

Der direkte Austausch mit den Beteiligten vor Ort sei dabei wichtig für die türkischen Führungskräfte und Ministeriumsvertreter, um Anregungen für ihre Arbeit mit nach Hause nehmen zu können. Dies habe in den vergangenen Jahren die Strukturen und das genossenschaftliche Wirken gestärkt. Mit dem Verbandskooperationsprojekt sollen ausgewählte türkische zentrale und regionale Spartenorganisationen landwirtschaftlicher Genossenschaften gestärkt, das Angebot von Dienstleistungen für die Mitglieder der Primärgenossenschaften verbessert und so das Interesse der Mitglieder an den Genossenschaften gefördert werden.

Verbände stärken und künftig Frauengenossenschaften fördern

Konkret sollen zwei ausgewählte zentrale Spartenverbände und die ihnen angeschlossenen Regionalverbände in ausgewählten Provinzen befähigt werden, ihre Steuerungs-, Führungs- und Kontrollfunktionen besser auszuüben und an den Bedürfnissen ihrer Mitgliedsorganisationen orientierte Managementkapazitäten zu entwickeln. Das Projekt setzt auf zwei Ebenen an: Auf Provinzebene werden Regionalgenossenschaften im Aufbau und in der Bereitstellung von praktischen Leistungen für ihre Mitglieder gefördert. Auf nationaler Ebene werden die zwei zentralen Verbände aufgebaut, damit diese als Bindeglied zwischen den Regionalverbänden und politischen Entscheidungsträgern effizient fungieren können.

Zukünftig solle verstärkt die Förderung von Frauen und eigenen Frauengenossenschaften in den Vordergrund der Projektarbeit rücken. Frauen, die oft nicht über eigene Betriebsmittel und Land verfügen, haben über eigene Genossenschaften die Möglichkeit Kapital gemeinsam zu erwerben um eigene Produktionen aufzubauen und zu vermarkten.

Im Überblick:

Deutsch-Türkische Verbandskooperation

Gegenwärtig bestehen in der Türkei rund 13.000 landwirtschaftlichen Primärgenossenschaften, die in 145 Regionalunionen, acht Zentralverbänden und einem Nationalen Genossenschaftsverband organisiert sind. Historisch bedingt weisen viele dieser Genossenschaften nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft Schwächen im Management auf, die einer zielgerichteten und effizienten Förderung ihrer Mitglieder und deren Ausrichtung auf Marktgegebenheiten entgegenstehen.

Politische Partner des Projektes sind das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten der Türkischen Republik. Durchführungspartner auf deutscher Seite ist der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e.V. (DGRV), welcher sich seit dem Jahr 2004 in der Türkei engagiert. Erfahrungen aus dieser Zeit bilden bei der Konzeption des Projekts die Grundlage für eine zielführende Umsetzung. Partnerorganisationen auf türkischer Seite sind die zwei zentralen Spartenorganisationen KÖY-KOOP (Dorfentwicklungsgenossenschaft) und HAY-KOOP (Tierhaltungsgenossenschaft) sowie deren Regionalverbände in ausgewählten Provinzen (aktuell Balikesir, Bursa, Denizli, Kastamonu, Konya und Sakarya).